Immobilienkaufverträge
Privatvertrag gültig
Zur Wirksamkeit von privatschriftlichen, ohne Notar abgeschlossen, Verträgen über Grundstücksverkäufe hat der Oberste Gerichtshof in Madrid zwei interessante Fälle entschieden: Zwar haben auch Grundstückskaufverträge, die ohne die Hinzuziehung eines Notars abgeschlossen werden, zwischen den Vertragspartnern Gültigkeit. Umstritten ist aber, ob solche Verträge Dritten entgegengehalten werden können. Das er Oberste Gerichtshof jetzt ausdrücklich bejaht. In einem von ihm entschiedenen Fall hatte das Finanzamt in eine Wohnung gepfändet, die der im Grundbuch eingetragene Eigentümer aber schon weiter veräußert hatte – allerdings ohne „Escritura“ (notariellen Kaufvertrag). Auch hatte der Erwerber bereits zu diesem Zeitpunkt die Schlüssel erhalten und die Wohnung in Besitz genommen. Dies sei für den Eigentumsübergang nach spanischem Recht ausreichend, entschied das Gericht. Die Escritura sei rechtlich hierzu nicht erforderlich. Daher müsse die Pfändung des Finanzamtes zurückgenommen werden. In einem anderen Fall unterstrich das Gericht, dass zum Beweis der Wirksamkeit und des Datums des Kaufabschlusses aus dem privatschriftlichen Vertrag andere Umstände herangezogen werden können, wie zum Beispiel das Datum der Überweisung des Kaufpreises. Allerdings ist es nach wie vor am sichersten Eigentum mit notarieller Escritura zu erwerben und sich in das Grundbuch einzutragen. (Tribunal Supremo, beide Urt. v. 21.03.2003)
Immobilienerwerb ohne Notar
In Spanien können Immobilie auch ohne notarielle Beurkundung des Kaufvertrages erworben werden. Dies bekam ein Immobilienkäufer aus einem vor dem obersten Gerichtshof in Madrid letztinstanzlich entschiedenen Fall zu spüren: Er hatte einen Vertreter lediglich mündlich beauftragt, für ihn die Immobilie vom Eigentümer zu erwerben und war dann in diese eingezogen. Einen schriftlichen Vertrag unterschrieb er nie. Allerdings bezahlte er dann auch nicht den Kaufpreis. Nachdem der Eigentümer diesen gerichtlich eingeforderte, bestritt der Erwerber, die Immobilie jemals überhaupt gekauft zu haben. Vor Gericht ließ sich der Auftrag an den Vertreter, die Immobilie zu erwerben, aber dann trotzdem nachweisen. Außerdem sei die Immobilie durch den Einzug des Käufers auch an diesen übergeben worden, urteilten die obersten Zivilrichter. Damit habe der Käufer Eigentum an der Immobilie erworben und müsse dementsprechend auch den Kaufpreis für das Objekt entrichten. (Tribunal Supremo, Urt. v. 29.01.2004)
Keine Schenkung von Immobilien ohne Notarurkunde
In Spanien können Immobiliegeschäft im Gegensatz zu Deutschland grundsätzlich auch formfrei wirksam vorgenommen werden. Das bedeutet, theoretisch kann auch per Handschlag über eine Immobilie verfügt werden. Ist diese der Fall kann jede Vertragspartei von der anderen verklagen, das Geschäft mit der entsprechenden Notarurkunde zu besiegeln. Das ändert aber nichts daran, dass das Geschäft auch ohne „escritura“ wirksam ist. Eine Ausnahme besteht allerdings für Schenkungen von Immobilien: In diesem Fall ist die Form der öffentlichen Beurkundung der Schenkung einer Immobilie Wirksamkeitsvoraussetzung. Dies hat der Oberste Gerichtshof unlängst in einem Urteil bestätigt. Die Gemeinde Felanitx hatte behauptet im Jahre 1932 habe ihr eine Bürgerin ein Grundstück „mündlich“ geschenkt, auf dem dann eine Schule gebaut worden war, die allerdings heute nicht mehr in Betrieb ist. Die Nachfahren der Schenkerin wandten ein, die vermeintliche Schenkung sei wegen Formmangels null und nichtig. Dem stimmte der Oberste Gerichtshof zwar zu. Allerdings sah er die Gemeinde trotzdem als rechtmäßige Eigentümerin des Grundstücks an, da sie dieses im Wege der „Ersitzung“ einfach durch den jahrzehntelangen Besitz als Eigentum erworben habe. Dies ist nämlich bei einem entsprechend langen Zeitraum sogar möglich, obwohl jemand anderer im Grundbuch eingetragen ist. (Tribunal Supremo Urt. v. 25.1.2007)
Bindung des Verkäufers
Wer eine Immobilie verkauft, egal, ob in einem privaten oder einem notariellen Dokument, kommt aus so einem Vertrag so einfach nicht mehr heraus. Denn nach dem Gesetz, kann, selbst wenn der Käufer den Kaufpreis nicht rechtzeitig begleicht, der Verkäufer den Vertrag nicht einfach als gegenstandslos betrachten. Er bleibt vielmehr an den Vertrag gebunden, bis er ihn förmlich und unter Nachfristsetzung gekündigt hat. Aber selbst in diesem Falle sind noch weitere Voraussetzungen zu beachten. Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofes muss bei einem Kauf einer Fläche zu einem Preis pro Quadratmeter dem Käufer zunächst der konkrete Preis vorgerechnet werden. Erst dann kann er aufgefordert werden, seiner Zahlungspflicht nachzukommen. Vorher kann der Vertrag nicht vom Verkäufer gekündigt werden. Auch Verkäufer sind daher sind daher gut beraten, bei der Vertragsgestaltung von vorne herein einen Fachmann zuzuziehen. (Tribunal Supremo, Urt. v. 25.11.2002)
Bindung des Verkäufers II
Ein privater Kaufvertrag über eine Immobilie in Spanien ist oft schnell und ohne viele Formalitäten abgeschlossen. Schwieriger ist es wieder herauszukommen. Denn für den Verkäufer gilt, dass er selbst dann, wenn der Käufer den Restkaufpreis nicht innerhalb der vereinbarten Frist zahlt, er nicht einfach an einen anderen Interessenten weiterverkaufen kann. Das spanische Zivilgesetzbuch schreibt für diese Fälle vor, dass der Käufer zunächst förmlich über einen Notar zur Vertragserfüllung unter Nachfristsetzung angehalten werden muss und ihm anzukündigen ist, dass andernfalls der Vertrag aufgelöst wird. Dabei muss nach einem Urteil des Berufungsgerichts von Alicante der Inhalt der förmlichen Aufforderung alle Voraussetzungen des Gesetzes erfüllen. Es reicht nicht aus, dass der Verkäufer dem Käufer einfach nur durch Mahnung zur Vertragserfüllung anhält. Die eindeutige Absicht den Vertrag aufzulösen müssen ausdrücklich enthalten sein. (Audiencia Provincial Alicante, Urt. v. 19.02.2003)
Vorkaufsrecht des Mieters
Mieter können in Spanien ein Vorkaufsrecht haben, wenn das Mietobjekt veräußert wird. Zwar kann dieses Recht vertraglich ausgeschlossen werden, aber viele Vermieter denken nicht daran. Das Berufungsgericht des Balearen in Palma hatte in diesem Zusammenhang über einen interessanten Sachverhalt zu entscheiden: Ein Eigentümer hatte alle Wohnungen eines Gebäudes, die als Eigentumswohnungen aufgeteilt worden waren, an einen Investor im Paket verkauft. Einer der Wohnungsmieter machte nun sein Vorkaufsrecht bezüglich einer Wohnung aus dem Gesamtpaket geltend. In einem solchen Fall sei das Vorkaufsrecht zu verneinen, entschied das Gericht. Das Vorkaufsrecht dürfe nicht soweit gehen, dass das Gesamtpaket des Verkaufes gefährdet werde. Beim Paketverkauf gebe es also kein Vorkaufsrecht. Dabei bleibe nach dem Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ die vertragliche Situation des Mieters unberührt. (Audiencia Provincial Baleares, Urt. v. 17.2.03)
Mietkaufvertrag
Wer länger eine Immobilie gemietet hat, ist häufig daran interessiert, diese auch zu kaufen. Umgekehrt stellt der Verkauf an den Mieter für den Vermieter wegen der unter Umständen komplizierten einseitigen Verlängerungsmöglichkeiten des Mieters oftmals eine sinnvolle Möglichkeit die Immobilie wirtschaftlich zu verwerten.
Solche Kaufverträge zwischen Mieter und Eigentümer sind dementsprechend häufig. Dabei sind jedoch einige juristische Fallstricke zu beachten. Zum einen geht die Rechtsprechung davon aus, dass ein "Mietkauf", bei dem die Miete auf einen Kaufpreis angerechnet werden soll, bei ungünstiger Gestaltung bereits einen Kaufvertrag darstellen kann, sodass die "Mieten" Teilzahlungen auf den Kaufpreis darstellen und bei einer Kündigung des Vertrages zurückzuzahlen sind. Dies ist aber keineswegs immer so, wie ein interessanter Fall zeigt, den der Oberste Gerichtshof in Madrid kürzlich entschieden hat:
Der Mieter und der Eigentümer hatten vereinbart, dass der Mieter die Immobilie kaufen sollte. Der Kaufpreis war in mehreren Einzelzahlungen zu leisten. Mietzahlungen waren parallel ab dem Vertragsschluss des Kaufvertrages nicht mehr fällig. Nach einigen Teilzahlungen auf den Kaufpreis konnte der Mieter den Kaufvertrag nicht mehr erfüllen.
Daraufhin kündigte der Eigentümer den Kaufvertrag und verklagte den Mieter auf Räumung. Hiergegen wandte der ehemalige Mieter nun ein, nach dem Gesetz hätten sich die Parteien nach Kündigung des Kaufvertrages wieder in den Zustand zu setzen, wie er vor dem Vertragsschluss bestanden hätte. Der Eigentümer sei also verpflichtet, den Mietvertrag mit dem ehemaligen Mieter wieder aufzunehmen. Dieses Argument verwarfen die Obersten Zivilrichter in Madrid: Die Rückgewährung von Leistungen im Falle der Rückabwicklung nach Kündigung führten nicht dazu, dass der bereits zuvor durch den Kaufvertrag ersetzte und damit abgeschlossene Mietvertrag wieder auflebe. Anders sei die Rechtslage nur dann zu beurteilen, wenn dieser Mietvertrag fortbestanden hätte, beispielsweise wenn der Mieter parallel zum Kaufpreis weiter hätte Miete zahlen müssen.
Bei der Gestaltung von Mietkaufverträgen sollten die Parteien also genauestens fixieren, welche Vertragsbeziehung sie wollen. Eine professionelle Gestaltung ist ratsam. (Tribunal Supremo, Urt. v. 17.07.2007)
(C) Niels Becker, 2006-2008